Nebelfront - Pour Ma Soeur

Vor kurzem erhielt ich von "Herbstklang Nebelfront" das im Jahre 2010 erschienene Album "Pour ma Sœur" zum Zwecke einer Rezension. Neugierig - vor allem da mir die Band (bzw. das Ein-Mann-Projekt) als solche noch nicht bekannt war - hörte ich in das Material, welches hier vage vorgestellt werden soll.

Auf der sehr limitierten Scheibe befinden sich ganze zehn Stücke, was für einen Erstling ohne vorherige Veröffentlichung von Demos, den üblichen Splits oder EP's erst einmal für einen Aha-Moment sorgt. Hinzu kommt die Tatsache, dass sogar eine Gesamtspielzeit von über 60 Minuten ihren Weg auf das Album gefunden hat. In einem Moment wie diesem möchte man diesen ganzen "Mainstream Major-Label Bands" am liebsten den Mittelfinger zeigen, denn hier bekommt man auf jeden Fall mehr Spielzeit geboten als auf deren meisten Veröffentlichungen, kristallklare Pop-Musik Produktion hin oder her. Aber ich schweife ab, letztlich soll hier doch eine Albenrezension vorliegen.

Ein Blick verrät gleich, dass fast alle der enthaltenen Titel in deutscher Sprache verewigt wurden, einzige Ausnahmen sind "River" und "Gray Landscape of Despair". Nach dem Lesen der Titelliste dürfte vielen ziemlich klar sein, dass hier ein gewisser Einschlag in den "DSBM-Bereich" vorliegt. Aber klingt die Musik nun nach dem, was man erwartet?

Ja und nein. Beim ersten Stück sorgen geflüsterte Zeilen und Klangeffekte für eine leicht paranoide Stimmung, bevor es in einem melodisch-düsteren Stil wie man es von Gruppierungen wie Stormnatt, Nargaroth oder ähnlichen Gruppierungen kennt zur eigentlichen Komposition kommt. Die natürlich auf verzerrten Gitarren gespielten Melodien wirken ansprechend und etwas hintergründig, das Schlagzeug steht in der Lautheit etwas im Vordergrund und überzeugt dazu durch sehr punktgenaues Spiel. Eine gute Portion Raumklang floss bei Selbigem auch mit in die Aufnahme ein, was Freunden von ehrlichen Aufnahmen sicherlich zusagen wird - nein, es klingt nicht wie ein künstlich zugestzter Reverb-Effekt und punktet (bei mir) durch eben diese Natürlichkeit im Klanggewand. Auf den folgenden Stücken präsentiert sich die Stimmarbeit verzerrt mit leichten und sicherlich bewusst genutzten Ausreizungen an den Übersteuerungsbereich - ohne die Grenze zum "Kratzinferno" zu überschreiten. Die Gitarrenarbeit präsentiert sich neben den bereits angesprochenen Melodien variabel, es gibt hier zeitweise krasse Umschwünge vom atmosphärisch-unterstützenden Klang in den direkten Vordergrund. Auch kommt es manches mal vor, dass die Abmischung sich plötzlich sehr unterscheidet - dies wird aber in erster Linie bei den Gitarren richtig auffällig. Den Bass (sollte einer aufgenommen worden sein, was bezweifelt wird) hört man nicht, was zum Einen der Stimmung der Musik beiträgt, auf der anderen Seite aber den Tieftonbereich etwas leblos erscheinen lässt. Ob Manko oder nicht liegt deutlich in diesem Fall beim Hörer; manche Kompositionen kommen auch ohne Bass oder tiefes Drumming aus und verlieren dabei trotzdem nicht ihre Faszination, sondern bereichern sich noch daran, indem sie deutlich an "Kälte" gewinnen.
Äusserst gelungen stellen sich die auf akustischer Gitarre gespielten Einleitungen und Melodien dar, die untermalt von Klängen der Natur (Wind, Vögel und sonstige Naturgeräusche) wie beim Stück "Erwachen" sicherlich ihren Teil zum Gesamtwerk beitragen.
Nun gibt es leider trotz der Abwechslung (Wechsel zwischen akkustischer Gitarre und E-Gitarre und Überleitungen während oder nach den Stücken), der Experimentierfreudigkeit (z.B. im Stück "Erwachen" ein Ausleitung per Flöte oder bei "Den gefangenen Geist Befreiend kurze "Ska-Riffs") und des natürlichen Klanges (Schlagzeug) auch einige Mankos. Zeitweise wirkt der Mix etwas leer, was allerdings zum größten Teil die Ausnahme bildet. Am Auffälligsten ist hier natürlich das Fehlen einer Bassspur, was wie bereits erwähnt eine Geschmacksfrage darstellt.

Was war mit diesem "Ja" und "Nein" gemeint? Entgegen vielem "DSBM" wird hier kein "Jammern" eingesetzt, auch wird auf "psychotisch" wirkende Elemente und Stimmarbeit verzichtet, es geht hier etwas "puristischer" zu. Die Riffs sind alle eher im Bereich des Extrem-Metals angesiedelt, was bedeutet, dass nicht wie im "Depressive Metal"-Bereich häufig auch Übergänge zur Rockmusik vorhanden sind.

Spurenliste:
01 Devant L'Abime (02:56)
02 River (08:20)
03 Den Gefangenen Geist Befreiend (07:55)
04 Regnerischer Waldspaziergang (03:13)
05 Nostalgische Melancholie (06:00)
06 Empathie (07:17)
07 Einsame Tränen (03:42)
08 Nebelfront (05:53)
09 Gray Landscape of Despair (10:54)
10 Erwachen (05:01)

Subjektive Bewertung:
Vielleicht nichts für die "Blastbeathardliner", Folk- und Heidenschwarzmetaller ebenso wie "DSBMler" dürften sicherlich eher interessiert sein. Am Besten gefallen haben mir die Titel "River", "Nebelfront" und "Nostalgische Melancholie", wohl weil sie am direktesten in die Richtung melancholisch-düsteren Metals tendieren. Weniger begeisternd ist der teilweise krasse klangliche Umschwung, den manche Lieder vor allem im Bereich der E-Gitarre aufweisen und sei es auch nur bei einem Übergangsriff. "Regnerischer Waldspaziergang" hätte länger sein dürfen, dieses Stück wäre ideal gewesen für ein verträumtes, melancholisches Gitarrenstück mit starkem Ambienteinschlag. Schade das es nur etwas länger als drei Minuten Spielzeit aufweist. Im Großen und Ganzen ein guter Einstand, wenn hier noch etwas mehr am Gesamtklangbild gefeilt wird dürfte die nächste Veröffentlichung umso mehr Aufsehen erregen, egal ob sie auf den "Untergrund" abzielt oder nicht.

Erhältlichkeit:
erhältlich

Bekannte Erscheinungsformen:
CD

30.03.11, M.V.